Johannes Firzlaff, Student der Holztechnik, Fachhochschule
Eberswalde
Praktikant im zweiten praktischen
Semester (SS1996) im
RECONTIE®Ingenieurbüro-Holz-GmbH,
Berliner Straße 5, 13127 Berlin-Buchholz
Eberswalde, 31.07.1996 - Überarbeitung 20.12.1996
Im Rahmen meines zweiten praktischen Semesters hatte ich die Aufgabe, für
eine Rundholz-Fachwerkbrücke die erforderlichen Stirnversatztiefen der
Verbindungen zu berechnen. Da keine Bemessungsformeln bekannt waren, entwickelte
ich eine eigene Theorie.
Die Brücke wurde letztlich mit Knotenblechen
geplant. Auch fand man noch Literatur zum Versatzproblem. Unabhängig davon
möchte ich hier das Ergebnis der eigenen Arbeit vorstellen.
In dieser Arbeit werden reibungsfreie Berührflächen, ideale Paßflächen und starre Körper angenommen. Der Durchmesser des aufnehmenden Rundholzes darf nicht kleiner als der des aufzunehmenden Rundholzes sein. Damit gelten die Berechnungen auch für in Kantholz einversatzte Rundhölzer.
Nicht eingegangen wird auf den Stirnversatz als solchen, die zulässige Versatztiefe, den zulässigen Versatzwinkel und die Frage der Lagesicherung. Auch werden keine Flächenverluste durch Verbindungen, zum Beispiel Zapfen, von aufnehmenden und aufzunehmenden Rundholz berücksichtigt.
Die Stabkraft Falphaund der Versatzwinkel alpha sind vorgegeben. Mit der geometrischen Definition des Stirnversatzes ist so auch der Stirnwinkel alpha/2 festgelegt. Damit sind gleichfalls die zulässige Stirnspannung sigmaalpha/2 und die Richtung der Stirnkraft Falpha/2 eindeutig bestimmt.
Die die Form eines Ellipsenabschnittes annehmende Stirnfläche Aalpha/2 ist eine Funktion der Versatztiefe t und des Versatzwinkels alpha. Die erforderliche Stirnfläche errechnet sich nach
sigma = F / A <=> Aalpha/2 = Falpha/2 / sigmaalpha/2 zul
aus den Beträgen der Stirnkraft und der zulässigen Stirnspannung. Betrag und Lage der ebenfalls ellipsenabschnittförmigen Schmiegefläche Achi und so auch der Richtung der Schmiegekraft Fchi sind gleichfalls Funktionen der Versatztiefe.
Jede Änderung der Versatztiefe bewirkt also nicht nur Änderungen
der Schmiegefläche und insbesondere der Stirnfläche, sondern beeinflußt
auch die Beträge der Komponenten Stirn- und Schmiegekraft, in welche die
Stabkraft zu zerlegen ist.
Die Stirnspannungen ändern sich also direkt
durch Korrekturen an den Versatztiefen und indirekt als Rückkopplungseffekt
durch die gleichzeitig erfolgenden Änderungen der Stirnkraft-Beträge.
Die
Versatztiefe muß nun so gewählt werden, daß die Ungleichung
Aalpha/2 >= Falpha/2 / sigmaalpha/2 zul
erfüllt wird.
Gleichzeitig darf der Betrag der an der Berührfläche der Schmiegeebenen auftretenden Schmiegespannung die auf der aufnehmenden und aufzunehmenden Seite unterschiedlich großen Beträge der zulässigen Spannungen, sigma(90°-alpha+chi) zul und sigma (90°-chi) zul , nicht überschreiten. Druckspannungen werden mit negativen Vorzeichen angegeben.
Versatzwinkel alpha
Stabkraft Falpha Stirnwinkel alpha/2 Stirnkraft Falpha/2 Schmiegewinkel chi Schmiegekraft Fchi Versatztiefe t Durchmesser des zuversatzenden Stabes d Belastungswinkel zur Faser in der Stirnfläche alpha/2 Belastungswinkel zur Faser in der Schmiegefläche des zu versatzenden Stabes 90°-chi Belastungswinkel zur Faser in der Schmiegefläche des versetzenden Stabes 90°-alpha+chi chi = arctan [ (d-t) / ( t*tan(alpha/2) + d/tan(alpha) ) ] |
Hinweis: Stirn- und Schmiegefläche bilden einen rechten Winkel, wenn chi = alpha/2.
Hinweis: Positive Kräfte ziehen an den Versatzflächen.
Die Zerlegung der Stabkraft Falpha in die Stirnkraft Falpha/2 und Schmiegekraft Fchi führt nach Parallelverschiebung der letzteren zum abgebildeten Kraftdreieck |
Nach dem Sinussatz gilt Falpha / sin(90°+chi-alpha/2) = Falpha/2 / sin(90°-chi) = Fchi / sin(alpha/2) <=> Falpha/2= Falpha*cos(chi)/ cos(chi-alpha/2) und Fchi = Falpha*sin(alpha/2) / cos(chi-alpha/2) |
sigma phi zul = sigmapar zul - (sigmapar zul - sigmasenk zul) * sin(phi) ; sigmaphi; sigmapar; sigmasenk >= 0 (frei nach DIN 1052 T 1 [1988]
Beschreiben kann man die Ellipse als Bild eines Kreises auf einer zu ihm schiefen Ebene. Hier entspricht der Kreis dem Querschnitt und die Ellipse der Stirnfläche des Rundholzes, die man bei einer Versatztiefe t in Höhe des Durchmessers d erhalten würde.
Während die Nebenachse der Ellipse in ihrer Länge dem Durchmesser des Rundholzes entspricht, nimmt die Hauptachse einen um den Faktor 1/cos(alpha/2) höheren Wert ein. Geringere Versatztiefen (t<d) führen zu Ellipsenabschnitt-förmigen Stirnflächen. Diese sind Bilder von Kreisabschnitten, gestreckt in einer Richtung und senkrecht zur Sehne mit demselben Faktor 1/cos(alpha/2).
Kreisabschnitt: |
delta = (bBogen/2) / (d/2) <=> bBogen = d*delta = d*arccos[ ((d/2) - t) / (d/2) ] = d*arccos[ (d - 2*t)/d ] AKreisabschnitt"alpha/2" = ( d^2*pi*bBogen / (4*d*pi) ) - (d*t - t^2 )^0,5*((d/2) - t) = (1/4) * [ d^2*arccos( (d - 2*t)/d ) - 2*(d*t - t^2)^0,5*(d - 2*t) ] Nun Ellipsenabschnitt: Aalpha/2 = [1/cos(alpha/2)]*AKreisabschnitt"alpha/2" |
Bei der Berechnung der Schmiegefläche Achi werden alpha/2 durch 90°-chi und t durch d-t ersetzt. Der Streckfaktor ändert sich zu 1/sin(chi)
Die Versatztiefe t muß nun als notwendige Bedingung folgendes Ungleichungssystem erfüllen:
Aalpha/2 >= Falpha/2 / sigmaalpha/2 zul und Achi >= Fchi / sigma(90°-chi) zul und Achi >= Fchi / sigma(90°-alpha+chi) zul ; wobei
Aalpha/2 = (1 / (4*cos(alpha/2)) )*[ d^2*arccos( (d - 2*t)/d ) - 2*(d*t - t^2)^0,5*(d - 2*t) ]
Achi = (1 / (4*sin(chi)) * [ d^2*arccos( (2*t - d)/d ) - 2*(d*t - t^2)^0,5*(2*t - d)]
Falpha/2 = Falpha*cos(chi) / cos(chi-alpha/2)
Fchi = Falpha*sin(alpha/2) / cos(chi-alpha/2)
sigma alpha/2 zul = sigmapar zul - (sigmapar zul - sigmasenk zul)*sin(alpha/2)
sigma (90°-chi) zul = sigmapar zul - (sigmapar zul - sigmasenk zul)*cos(chi)
sigma (90°-alpha+chi) zul = sigmapar zul - (sigmapar zul - sigmasenk zul)*cos(chi-alpha)
chi = arctan[ (d-t) / (t*tan(alpha/2) + d/tan(alpha)) ]
In dieser Arbeit wurden theoretische und aufwendige Annahmen getroffen. Die Entwicklung einer einfachen expliziten Formel für die Versatztiefe war wegen der Schwierigkeiten in den Flächenberechnungen von Anfang an ausgeschlossen. Deshalb wurde auch die Stabkraft aufwendig und exakt in ihre Komponenten zerlegt, da für die Berechnungen ohnehin der Computer vorgesehen ist.
Zur Berechnung der Ausmittigkeit verweise ich zunächst auf die mittlere Skizze der zweiten Seite. Die Vektoren Falpha/2 und Fchi greifen (in Normal-Richtung) an den Schwerpunkten der jeweiligen Versatzflächen an. Diese Punkte sind nach
Bartsch, Taschenbuch mathematischer Formeln mit a = s^3 / (12*AKrAb)
in ihren Abständen a in der Queraschnittsebenen zur Stab-Mittellinie berechnet und dann in Stabrichtung in die Versatzebenen projiziert. Dabei sind für s und A die Ausdrücke aus der Kreisabschnittsberechnung einzusetzten. Die Ausmittigkeit der resultierenden Stabkraft Falpha ist dann graphisch konstruiert worden.
Die analytische Lage-Ermittlung der Resultierenden im hier vorgestellten
Modell droht sehr kompliziert zu werden. Außerdem wird man wegen der
idealisierten Annahmen sehr auf der unsicheren Seite liegen. Veranschaulicht
wird dieses in der genannten Zeichnung: Die schwächste Punktlinie zeigt das
Ergebnis der Ausmittigkeits-Bestimmung nach dem wohl üblichen Prinzip, die
Stabkraft nur in der Stirnfläche in eine
Normalkraft Falpha/2
N = Falpha*cos(alpha/2) und eine
Querkraft
Falpha/2 Q = Falpha*sin(alpha/2)
zu zerlegen.
Ich möchte aber an dieser Stelle darauf hinweisen, daß gerade bei Rundholz meine Methode auch ihre Berechtigung hat; denn bei den Stabdurchmessern entsprechenden Versatztiefen betragen die Schmiegeflächen Null!
Ich danke Herrn Strey, Fachhochschule Neubrandenburg, für die
Durchsicht der Arbeit.
Außerdem danke ich den Herren Dietterle und
Bonadt, unsere IT-Fachleute, für die geduldige Hilfe in der Vielzahl von
Problemen, die bei der Anfertigung dieser Präsentation entstanden sind.
Die vorgestellten Erkenntnisse habe ich in eine Computer-Datei des Tabellenkalkulation-Programmes Excel© 7 umgesetzt. Mit dieser Anwendung können neben den Versatztiefen t auch die Durchmesser d und die Stabkräfte Falpha ohne Nomogramm auf Erfüllung des Ungleichungssystems geprüft und auch per Mausklick automatisch optimiert werden. Die Veröffentlichung ist hier "unter" dieser Arbeit erfolgt. Hier ist eine Musteransicht.
Ich behalte mir alle Rechte an dieser Arbeit und an dem Computer-Programm vor. Verbreitung (und Weiterverbreitung) in Print-Medien nur mit meiner Erlaubnis.
Eberswalde, Campus Möller-Straße, 17.02.1997
Johannes Firzlaff |
Hinweis: Zum Ausdrucken empfehle ich eine der "doc-Dateien"
dieser Arbeit.
Clicken Sie bitte genau diesen Link.